Oktober 2020

Berufliche Integration in der ARBES

Bei der Koordinationsstelle «Berufliche Integration» der ARBES stehen die Stärken und Bedürfnisse des Menschen im Fokus: Aus dem individuellen Potenzial der Programmteilnehmerinnen und Programmteilnehmer werden echte Perspektiven.

Heiko Schätzle sieht die Menschen so, wie sie sind – nicht, wie sie sein sollten. Menschen, die von ihm betreut werden, sind deshalb wirklich gut beraten: «Gemeinsam fokussieren wir die Stärken, mobilisieren die individuellen Fähigkeiten, erforschen die eigenen Interessen und setzen realistische Ziele», erklärt der Leiter der Koordinationsstelle «Berufliche Integration» bei der ARBES, der geschützten Werkstätte der Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR).

Sein offener Blick, die klaren blauen Augen und ein fröhliches Lachen sprechen eine ehrliche Sprache: Er setzt alles daran, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Programms «Berufliche Integration» wieder auf die Beine zu helfen und dafür zu sorgen, dass der Einstieg und die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt gelingen.

Keine Frage – dabei geht er mit den Menschen
durch dick und dünn.

Seit über 15 Jahren ist Heiko Schätzle bei den PDGR beschäftigt. Zuvor war er viele Jahre als Innendekorateur tätig und weiss deshalb gut, welche Ansprüche ein Handwerksbetrieb im regulären Arbeitsmarkt an Jobbewerberinnen und -bewerber hat: «Was zählt, ist die persönliche Motivation, nach Lösungen zu suchen», bringt es der 44-Jährige auf den Punkt.

ARBES: geschützte Arbeitsplätze, geregelte Tagesstrukturen und Ausbildungsmöglichkeiten an einem Ort

Die ARBES beschäftigt und begleitet Erwachsene mit psychischer Beeinträchtigung. Das agogische Konzept ist umfassend und versteht sich bereichsübergreifend. Durch die geschützten Arbeitsplätze in den Bereichen Gärtnerei, Schreinerei, Montage, Druckerei, Ausrüsterei, Steinbearbeitung und Textil erhalten die Menschen eine geregelte Tagesstruktur. Auch bietet die ARBES Ausbildungsplätze in den Bereichen Floristik und Garten mit den Ausbildungsabschlüssen PrA, EBA und EFZ.

An den drei Standorten Chur, Rothenbrunnen und Roveredo sind derzeit rund 200 Klientinnen und Klienten mit einer Invalidenrente oder mit einer IV-Rentenanmeldung beschäftigt. Das angegliederte Wohnheim bietet zusätzlich einen stabilen Lebensrahmen.

Daneben ist die geschützte Arbeitsumgebung auch ein wichtiger Baustein
bei Integrationsprogrammen für Menschen ohne Invalidenrente.

Sie bietet die passenden Rahmenbedingungen und ermöglicht gezielte Fördermassnahmen, um den Programmteilnehmenden zu einem Start bzw. Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu verhelfen. Auftraggeber für das Integrationsprogramm ist in den meisten Fällen die Invalidenversicherung (IV) der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden (SVA).

Wie berufliche Integration gelingt?
Die Antwort ist in der Theorie einfach.

Die praktische Umsetzung jedoch erfordert oft viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Beharrlichkeit: «Präsent sein!», resümiert Heiko Schätzle. Dazu gehört, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mental voll und ganz auf ihre Aufgaben einlassen, dass sie ihre eigene Leistungsfähigkeit gut einschätzen können und dass sie bereit sind, sich in dem gegebenen Umfeld konsequent weiterzuentwickeln.

Ein wichtiger Teil des Integrationsprogramms der ARBES ist deshalb ein wöchentlicher Austausch, bei dem Heiko Schätzle gemeinsam mit der/dem Teilnehmenden die laufenden Fortschritte, eventuelle Stolpersteine oder ganz allgemein das aktuelle Befinden bespricht.

Ziel ist es, dass sich die teilnehmende Person auf ihr berufliches Umfeld einlässt.
So kann der Aufenthalt in der ARBES auch mit einer persönlichen Entwicklung Hand in Hand gehen.

Die gute und enge Koordination der Integrationsstelle mit dem/der Werkstatt-Vorgesetzten ist ebenfalls Teil des Programms und für alle Beteiligten wertvoll: Welche sozialen Kompetenzen sind vorhanden? Zeigt sich die Person im Team zuverlässig und verantwortungsvoll? Wie kann man die fachlichen Fähigkeiten gezielt fördern? Die Vorgesetzten beobachten, dokumentieren und unterstützen umfassend und sehr individuell.

Integration geschieht auf Augenhöhe: durch wertschätzende und respektvolle Zusammenarbeit

Die berufliche Integration in Zusammenarbeit mit der SVA ist in vielen Belangen eine wichtige Anlaufstelle: Sie bietet Belastbarkeitstrainings und Aufbautrainings an, vermittelt Schnuppertage und Praktika, und im besten Fall ergibt sich sogar eine direkte Anschlusslösung auf dem freien Markt.

Sie erstellt eine berufliche Standortbestimmung, hilft durch gezielte Vorbereitungsmassnahmen und kann mittels Bewerbungscoachings und Jobcoachings ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch ausserhalb der Institution noch tatkräftig unterstützen.

Die Koordinationsstelle begleitet ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer
über mindestens 3 Monate.

Dieser Zeitraum ist aufgrund der Kostengutsprache der IV-Stelle vorgegeben – und erscheint sinnvoll: «Während dieser Zeit lernen wir den Menschen in der Regel gut genug kennen, um Vertrauen aufzubauen und zu erkennen, wo wir ihn bestmöglich unterstützen und fördern können», so Heiko Schätzle.

So kommt es beispielsweise immer wieder vor, dass Menschen ihre eigenen Interessen hinterfragen, erkennen oder wiederfinden müssen. Darauf aufbauend können sie ihre beruflichen Ziele plötzlich ganz neu setzen – und finden allenfalls in einem geänderten Tätigkeitsfeld eine neue Sinnhaftigkeit, mehr Antrieb, Motivation und Freude. Dieser Schritt erfordert Mut, Selbstvertrauen und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.

Erscheint eine längere Begleitung sinnvoll, entscheiden dies das
betreuende Team und die Person gemeinsam.

Denkbar sind dann 6 Monate oder maximal 9 Monate. Das Team besteht aus der betreffenden Person selbst, aus einem/er IV-Berater/in, evtl. einem/er Therapeuten/in, einem praktischen Arzt, ggf. dem Beistand und Heiko Schätzle in der Schnittstellenfunktion zum beruflichen Umfeld der ARBES.

Alle verfolgen ein Ziel: die Person mental zu stärken
und gleichzeitig fachlich aufzubauen.

Leistungen der beruflichen Integration über die SVA dürfen in der Regel alle Menschen einfordern, die in der Schweiz leben und arbeiten und keine IV-Rente beziehen. Der Weg ist rechtlich vorgegeben: Sobald ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitsnehmerin mindestens 30 Krankheitstage pro Kalenderjahr aufweist, hat der Arbeitgeber ein Melderecht. Das heisst, er darf die IV-Stelle des Kantons für ein unverbindliches Beratungsgespräch kontaktieren, hat aber die betreffende Person über dieses Vorgehen zu informieren. Kommt es im Anschluss zur IV-Anmeldung, wird überprüft, welche Art von Unterstützung notwendig und hilfreich ist. Im Rahmen der Unterstützung besteht unter anderem die Möglichkeit eines beruflichen Integrationsprogramms.

Je früher die Integration beginnt, desto wirkungsvoller kann sie sein

«Oft erkundige ich mich einige Monate nach Programmabschluss über den weiteren Verlauf und erfahre, wie die Personen sich entwickelt haben. Es freut mich dann sehr, zu hören, wenn sie in ihrer neuen Tätigkeit aufblühen und wenn sie ihre Fähigkeiten wieder stabil abrufen können», so Heiko Schätzle.

Entscheidend sei es, den Prozess so früh wie möglich in Gang zu setzen: «Es kostet oftmals grosse Überwindung, diesen Schritt zu gehen. Aber je eher sich der/die Einzelne traut, desto besser stehen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.» Sein Tipp: Gut Ding darf auch mal Eile haben.

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