Oktober 2023
Unterstützte Kommunikation erleichtert den Alltag von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.
Wo Worte nicht mehr weiterhelfen oder Sprache nicht ausreichend funktioniert – dort braucht es Unterstützte Kommunikation. Die Arche Nova hat das Konzept fest im Alltag ihrer Wohngruppen und Tagesstätte verankert.
Geduld, Empathie und eine spielerische Herangehensweise – das braucht es aus Sicht von Simon Wyss, damit Unterstützte Kommunikation (UK) funktioniert. «Wir wollen jeden Menschen da abholen, wo er in seiner Kommunikationsfähigkeit steht», betont der UK-Beauftragte der Arche Nova.
Er leitet eine Wohngruppe am Standort Landquart und ist gleichzeitig dafür verantwortlich, dass UK im Alltag der Einrichtung angewendet wird. 27 Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung leben derzeit in den Wohngruppen in Landquart, Igis und Untervaz, fast ebenso viele gehen am Standort Landquart einer kreativen Beschäftigung in der Tagesstätte nach.
Mehr Lebensqualität im Alltag
Die Aufgabe von Simon Wyss ist eine tägliche Herausforderung – eine, der sich der erfahrene Sozialpädagoge mit Leidenschaft stellt. Sein Ziel: Den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. «Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen, sich selbst ausdrücken und andere verstehen zu können», ist er überzeugt. Jede und jeder tue das auf ganz eigene Art und Weise.»
Deshalb ist der Alltag in der Arche Nova bis ins kleinste Detail durchdacht: Die Kommunikation ist mitunter richtig viel Arbeit – auch wenn sie Spass macht und nach aussen banal wirken mag.
Das beginnt beispielsweise mit einer Anschlagtafel, auf der die Tagesabläufe klar erkennbar sind und deshalb auf das Wesentliche reduziert werden. Die immergleiche Struktur der Informationen schenkt einen verbindlichen Rahmen, damit die Klientinnen und Klienten wissen, wo welche Information zu finden ist. Inhaltlich finden dort vor allem Piktogramme, Fotos und Grafiken Platz, nur wenige Informationen werden über Schriftsprache kommuniziert.
Welche Person hat Dienst? Wie setzen sich die Gruppen der Tagesbetreuung zusammen? Klientinnen und Klienten finden hier Antworten zu den Fragen, die ihren Tagesablauf regeln. Sie haben gelernt, die Informationen selbst zu lesen – eine Errungenschaft, die Simon Wyss sehr wichtig ist. Aus gutem Grund: «Wer kommunizieren kann, empfindet sich als selbstwirksam. Das schenkt Selbstvertrauen und ein Gefühl der Zugehörigkeit.»
Der Körper als wichtige Ausdrucksform
Nicht nur grafische Symbole spielen in der UK eine Rolle. Auch der Körper drückt sich aus – durch Laute, Mimik, Gesten und Gebärden. Diese körpereigenen Kommunikationsformen haben eine grosse Bedeutung im Umgang mit kognitiv beeinträchtigten Menschen: Sie kommen unmittelbar, schnell und sehr individuell zum Einsatz.
Um den Alltag in den Wohngruppen zu organisieren, hat die Arche Nova deshalb für jeden Bewohnenden einen «Kommunikationspass» angelegt.
Er dokumentiert, welche kognitiven Fähigkeiten vorhanden sind, was der Mensch versteht und was nicht, wie er sich am besten ausdrücken kann und über welche Themen er gerne redet. Mehr noch: «Wir notieren darin auch sehr individuelle Merkmale, beispielsweise dass man als Sprecher im Gesichtsfeld der Klientin bleiben sollte, damit sie weiss, dass sie gemeint ist», erzählt Simon Wyss aus seinem Erfahrungsschatz. «Ein anderer Klient hingegen benötigt sehr viel Zeit, bis die Information in seinem Gehirn ankommt und er eine Reaktion darauf zeigt.»
Moderne UK bedient sich auch technischer Hilfsmittel. So wie ein Bewohnender, der sein Handy immer griffbereit hat – mit Bildern, die ihn beim Erzählen von Erlebnissen unterstützen. Für Sprachausgabegeräte oder dynamische Displays braucht es in der Regel bessere kognitive Fähigkeiten.
Selbstbestimmung und Partizipation
Eines ist dem UK-Berater besonders wichtig: «UK kann jede und jeder. Es ist keine Zauberei – sondern eine Frage der Bereitschaft.» Mit geringem Aufwand und ein wenig Fingerspitzengefühl kann UK die fehlende Lautsprache ersetzen oder ergänzen. «Natürlich kostet das manchmal ein paar Minuten mehr Zeit. Aber wenn wir damit einem Menschen helfen, am Alltag selbstbestimmt teilzuhaben, ist es das in jedem Fall wert.»
Weitere Informationen zum Heimzentrum Arche Nova in Landquart