Oktober 2021
Die Ausbildung zum Arbeitsagogen oder zur Arbeitsagogin bei der ARBES ist eine Schule fürs Leben.
Simon Gerber ist gelernter Polymechaniker, absolvierte die Ausbildung zum Schneesportlehrer und war zuletzt Ausbildungsverantwortlicher im Bereich Snowboard der Schneesportschule Arosa. Dann schwenkte er um: Als Arbeitsagoge in Ausbildung fühlt er sich heute bei der ARBES genau am richtigen Platz.
«Die Herausforderungen sind fast die gleichen geblieben – nur ergeben sie für mich einfach mehr Sinn», stellt der 31-Jährige unverblümt fest. Als Schneesportlehrer hatte er zwar auch täglich mit Menschen zu tun, und das Unterrichten machte ihm grossen Spass. Als Agoge bekomme er jedoch eine ganz andere Wertschätzung für seine Arbeit: «Wenn mein Klient lächelt, weiss ich, dass ich einen guten Job mache.»
Nicht nur über die Rückmeldungen seiner Klientinnen und Klienten in der Druckerei der ARBES in Rothenbrunnen, wo er seine Ausbildung zum Arbeitsagogen absolviert, freut sich Simon Gerber. Auch den allgemeinen Umgang der Kolleginnen und Kollegen untereinander, wie er in den geschützten Werkstätten der PDGR (Psychiatrische Dienste Graubünden) üblich ist, empfindet er als positiv: «Die Atmosphäre ist sehr wertschätzend. Ich nehme einen grossen Unterschied zu vielen Betrieben im ersten Arbeitsmarkt wahr.»
Die berufsbegleitende Ausbildung dauert knapp zwei Jahre
und schliesst mit einem eidgenössischen Fachausweis mit Berufsdiplom ab.
In der Schweiz bieten das Institut für Arbeitsagogik IFA in Luzern, die Organisation Agogis in Zürich sowie die Academia Euregio in St. Gallen Ausbildungslehrgänge an. Schweizweit absolvieren derzeit rund 60 Menschen diese Ausbildung. Simon Gerber startete Anfang 2021 berufsbegleitend an der IFA in Luzern und hatte zuvor ein sechsmonatiges Pflichtpraktikum bei der ARBES absolviert.
Einfach etwas zurückgeben
Seine Motivation: «Den meisten Menschen unserer Gesellschaft geht es so gut. Ich finde, da kann ich ruhig etwas zurückgeben an diejenigen, denen das Leben oft nicht so leichtfällt.» Praktikums- und Ausbildungsplätze in der ARBES sind begehrt und werden meist frühzeitig besetzt. «Simons Interesse, Fleiss und Arbeitsqualität überzeugten uns und wir konnten ihm kurz nach seinem Praktikum einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen», berichtet Gianreto Conrad, Leiter der ARBES.
Die Einstiegsmöglichkeiten in
diesem Berufsfeld sind begrenzt.
Den Ausbildungsplatz bei der ARBES betrachtet Simon Gerber deshalb als grossen Glücksfall. Sein Alltag ist vielseitig und spannend und die Zusammenarbeit zwischen den Fachabteilungen oft sehr eng. Das ermöglicht ihm beispielsweise regelmässig interessante Einblicke in die Ausrüsterei oder Montage. Besonders freut er sich auf einen Austauschmonat in der Schreinerei, der in Kürze ansteht.
Mit Humor und Improvisationsgeschick
Simon Gerbers Aufgabe ist es, Menschen über die Arbeit individuell zu fördern und ihre Fähigkeiten zu erhalten oder weiterzuentwickeln. Da steht also der Kunde mit seinen Druckaufträgen und festen Abgabeterminen auf der einen Seite – und die fachliche Betreuung der psychisch beeinträchtigten Menschen auf der anderen.
Fast täglich ergeben sich dabei neue Situationen, die immer wieder Kreativität erfordern. «Es kommt zum Beispiel vor, dass jemand einen schlechten Tag hat oder besonders viel Aufmerksamkeit benötigt. Dann versuche ich schnell zu improvisieren», so der junge Mann. Er habe bereits viele Wege gelernt, um die Klientinnen und Klienten zu motivieren: Empathie, Gelassenheit und Humor seien sicherlich einige davon. Auch sei es wichtig, im Bedarfsfall schnell und gefasst reagieren zu können.
Welche Möglichkeiten sieht Simon Gerber
für die Zukunft der Agogik?
Agogen arbeiten heutzutage vorrangig in sozialen Institutionen und speziellen Einrichtungen wie der ARBES. Eine ehrliche, gelebte Inklusion würde für Simon Gerber aber bedeuten, dass die beeinträchtigten Menschen im ersten Arbeitsmarkt voll integriert wären – und zwar mit Unterstützung von Arbeitsagogen, die bei Bedarf jederzeit individuell betreuen könnten. Hier sieht er Potenzial für die Zukunft: «Diese Idee ist nicht ganz neu, wird aber gesellschaftlich gesehen sicherlich noch sehr spannend.»
Vorerst bleibt Simon Gerber auf jeden Fall, wo er ist und sich wohlfühlt: Bei seinen Klientinnen und Klienten der Druckerei, für die er bereits heute eine wichtige Bezugsperson ist. Geschützte Werkstätten, meint er, würden auch in Zukunft eine wichtige Stütze für die Gesellschaft sein: weil der Bedarf da ist. Einen Wunsch bringt er dennoch an: «Jeder einzelne meiner Klienten kommt morgens freiwillig und voller Motivation zur Arbeit. Ich finde, dieser Tatsache sollten wir grosse Achtung entgegenbringen.»