2019 wurden in der Schweiz knapp 17000 Ehen geschieden – oft trennen sich Eltern im Streit. Für Kinder eine unheilvolle Situation, besonderes wenn der Konflikt länger andauert. Kurse der Kinder- und Jugendpsychiatrie Graubünden lehren Eltern, wie man die Kinder und ihre Bedürfnisse in der Trennungssituation nicht aus den Augen verliert und neue Rollen akzeptiert.
Hing der Himmel vor noch nicht allzu langer Zeit voller Geigen, haben sich Urs und Ina* nach und nach schleichend entfremdet – warum auch immer. «Und irgendwann hat unser Zusammenleben überhaupt nicht mehr funktioniert», erzählt die junge Mutter zweier Mädchen. So habe es einfach nicht mehr weitergehen können und ihr Wunsch
nach einer Trennung sei gereift, «denn mein Mann und ich haben uns leider in unterschiedliche Richtungen entwickelt und uns fast täglich gestritten».
Kinder sind oft die Leidtragenden
Auch für die beiden kleinen Kinder des Paares war das eine sehr schwierige Zeit – mit Folgen für die vier- und sechsjährigen Mädchen. So hat die jüngere der Beiden wieder begonnen, ihr Bett zu nässen und die ältere Schwester hat sich traurig in ihr Schneckenhaus zurückgezogen. Offensichtlich, dass auch sie unter der schwierigen Familiensituation litten. Diverse Forschungsergebnisse weisen denn auch darauf hin, dass ein negativer Trennungsprozess ein grosses Risiko in der Entwicklung eines Kindes darstellt. Besonders belastend sind Elternkonflikte, wenn sie lange andauern, sehr feindselig verlaufen und die Kinder stark involviert sind. Dabei bräuchten Kinder bei einer Trennung ihrer Eltern viel Zuwendung, um das Auseinandergehen von Mama und Papa zu bewältigen und sich in der neuen familiären Situation zurechtzufinden.
Neben den finanziellen und organisatorischen Herausforderungen, die mit einer elterlichen Trennung verbunden sind, sollen Mama und Papa nicht nur die eigene Situation im Fokus haben und sich nicht gegenseitig schlechtreden. Das Wohl des Kindes/der Kinder darf nicht aus den Augen verloren werden, auch wenn zeitliche und finanzielle Ressourcen vielleicht knapp und der emotionale Stress gross sind.
Ein Kurs zeigt Lösungswege auf
Unschöne Trennungen, welche für die Kinder grosse Belastungen darstellen, müssen jedoch nicht sein. In einem Kurs für Eltern in Trennung der Kinder- und Jugendpsychiatrie Graubünden (KJP) lernen die Eltern, ihr eigenes Verhalten zu überdenken, sich in der Kommunikation mit und über den Partner zu üben sowie den Bedürfnissen ihrer Kinder besser gerecht zu werden und die Beziehung zu ihnen zu stärken. Das beginnt mit einer weniger emotionsgeladenen dafür umso sachlicheren Kommunikation zwischen Mutter und Vater. Ein sachbezogener und beruhigter Umgang der eigenen Eltern untereinander und eine positive und zukunftsgerichtete Einstellung kann bereits eine Entlastung für das Kind sein. Die Eltern werden im Kurs in getrennten Gruppen in ihrem Trennungsprozess unterstützt. Dabei lernen sie, den Paarkonflikt im Hintergrund zu lassen, das Kind in den Mittelpunkt zu stellen und wichtige Erziehungsziele zu definieren. Dabei können sie auf das Know-how von erfahrenen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zählen.
In einer wohlwollenden Gruppenatmosphäre und anhand Rollenspiele realisieren getrennte Eltern, wie sich ihre Kinder fühlen, was diese brauchen und was sie unternehmen müssen, um sie zu verstehen und sie in ihrer Entwicklung zu stärken. Denn Kinder haben Fragen, die kindergerecht beantwortet werden wollen. Ebenso lernen die Kursteilnehmer, den Kontakt zum anderen Elternteil trotz Krise im Sinne des Kindes zu gestalten, selber Energie zu tanken und von anderen Eltern in Trennung zu lernen. Da oftmals die KESB und andere Sozialbehörden in problembeladenen Trennungsprozessen involviert sind, zeigen diese grosses Interesse am Kurs und empfehlen einen Besuch. Dieser wird in zwei Gruppen durchgeführt. Die genauen Daten sind in der untenstehenden Box aufgeführt.
Eltern bleiben Eltern
Auch wenn Eltern nach einer Trennung kein Paar mehr sind, bleiben sie trotzdem Eltern ihrer Kinder und für immer mit ihnen verbunden. Kinder und Jugendliche brauchen während des Aufwachsens und der Ausbildung eine positive und wohlwollende Unterstützung durch ihre Eltern, auch wenn diese getrennt oder geschieden sind.
Weitere Angebote der PDGR
Die Kinder- und Jungendpsychiatrie Graubünden gehört zu den Psychiatrischen Diensten Graubünden und bietet für unterschiedliche Herausforderungen spezifische Gruppentrainings an, wie zum Beispiel bei Aufmerksamkeitsproblemen. Weiter im Angebot sind soziale Kompetenztrainings für Kinder und Jugendliche
oder auch das therapeutische Klettern.
*Namen geändert