Ambulante psychiatrische Pflege lautet die Tätigkeit von Sabine Degiacomi. Die Schierserin hilft wie ihre Kolleginnen und Kollegen der Spitex Klienten zu Hause, nur haben die kein körperliches Gebrechen, sondern ein mentales. Über ihre Tätigkeit ist wenig bekannt, weil die psychische Gesundheit leider immer noch ein grosses Tabu ist.
Sabine Degiacomi ist eine aufgestellte und gesellige Persönlichkeit. Man merkt ihr an, dass die Arbeit mit den Klienten im Prättigau sehr zusagt. Zwischen 12 und 18 Personen seien es jeweils, die sie wöchentlich besuche. «Die Arbeit ist abwechslungsreich, weil die Krankheitsbilder so unterschiedlich sind.»
Tagesstruktur aufrecht erhalten
Die facettenreichen Krankheitsbilder, die von Suchterkrankungen, zu Schizophrenie oder auch Depressionen reichen, sorgen für viel Abwechslung. Zu ihrem Klientel gehören zum Beispiel ältere Menschen, Mütter mit Kindern oder auch Berufstätige. Recht unterschiedlich ist deshalb auch die Arbeit mit ihnen. «Ich besuche die Menschen zuhause, unterstütze sie mit Gesprächen oder bei der Einnahme der Medikamente.» Dabei sei sie hin und wieder auch eine Vermittlerin gegen die Einsamkeit. «Bei einigen bin ich der einzige soziale Kontakt, den sie mit der Aussenwelt pflegen. Oft geht es darum, Tagesstrukturen aufrecht zu erhalten und akute Phasen, die anhand der Krankheit vorkommen können, zu begleiten. Dazu gehört auch Aktivierung, was bedeutet, dass ich meine Klienten dazu animiere, wieder aktiv am Leben teilzunehmen und beispielsweise Einkäufe zu tätigen.»
«Es ist mir wichtig, den Menschen zu ermöglichen, dass sie ein möglichst gutes Leben führen können.»
Sabine Fabienne Degiacomi
Dipl. Pflegefachfrau HF
Eines der Puzzleteile
Obwohl das Stigma für Personen mit psychischen Erkrankungen immer noch gross sei, erkennt Sabine Degiacomi ein enormes Potenzial in ihrer Arbeit, die sie als Mitarbeiterin der Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR) im Auftrag für die Spitex der Flury Stiftung leistet. Sie setzt sich aktiv gegen Isolation und Vereinsamung der Personen ein. «Meine Arbeit mit den Klienten hat einen Nutzen für alle Beteiligten. Ich unterstütze Personen dabei ihre Rolle einzunehmen, sei dies als Mutter, Partnerin oder auch als Arbeitsnehmer, der versucht, im Arbeitsprozess bleiben zu können.» Psychische Erkrankungen seien zum Teil vorübergehend, zum Teil chronisch. «Es ist mir wichtig, den Menschen zu ermöglichen, dass sie ein möglichst gutes Leben führen können.» Für Degiacomi ist aber auch klar, dass beim Heilungsprozess noch viel mehr dazu gehört als nur ihre Besuche. «Damit ich den Betroffenen und Angehörigen helfen kann, muss eine psychiatrische Symptomatik vorhanden sein. Danach erstellt ein Arzt die Verordnung für Spitexleistungen, welche dann von der Krankenkasse übernommen werden. Anschliessend erfolgt die Anmeldung bei der Spitex Prättigau. Ich sehe meinen Beitrag als ein Puzzleteil vom ganzen Behandlungs- und Betreuungsprozess.»
Aktiv gesund werden
Im Kanton Graubünden sind psychiatrische Pflegefachpersonen in der ambulanten Pflege bei den Spitex-Organisationen direkt angestellt oder bei den PDGR, die mit verschiedenen Spitex-Organisationen zusammenarbeiten. «Früher war es oft so, dass Familie und Angehörige bedürftige Personen betreut haben und wenig Einsamkeit oder Isolation aufkommen konnte. Heute versuchen wir da Hand zu bieten.» Dies gehe beispielsweise durch ein Vermitteln zu anderen Institutionen wie Pro Infirmis, Pro Mente Sana oder Pro Senectute. «Ziel ist es gemeinsam mit den Klienten eine Bewältigungsstrategie zu erarbeiten und zu schauen, was möglich und realisierbar ist. Manchmal braucht es nicht viel. Doch wer gesund werden will, muss aktiv werden.» Sabine Degiacomi strahlt, wenn sie von ihrer Arbeit spricht, da sie einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität ihrer Klienten beitragen kann., . Für ihr eigenes Wohlbefinden betreibt sie in ihrer Freizeit Yoga.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem Vilan. Erschienen ist der Artikel am Freitag, 23. Februar 2024: